DEFS186

XXXI Woche im Jahreskreis – Sonntag

Die Schlüssel des Reichs: Gerechtigkeit und Liebe

Dann kam er nach Jericho und ging durch die Stadt. Dort wohnte ein Mann namens Zachäus; er war der oberste Zollpächter und war sehr reich. Er wollte gern sehen, wer dieser Jesus sei, doch die Menschenmenge versperrte ihm die Sicht; denn er war klein. Darum lief er voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus zu sehen, der dort vorbeikommen musste. Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und sagte zu ihm: Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein. Da stieg er schnell herunter und nahm Jesus freudig bei sich auf. Als die Leute das sahen, empörten sie sich und sagten: Er ist bei einem Sünder eingekehrt. Zachäus aber wandte sich an den Herrn und sagte: Herr, die Hälfte meines Vermögens will ich den Armen geben, und wenn ich von jemand zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück. Da sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden, weil auch dieser Mann ein Sohn Abrahams ist. Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist. Lk 19,1-10

Vor einigen Jahren hatte ich einen Freund, der von Zeit zu Zeit mich suchte, wenn er eine persönliche Krise hatte, um mit mir ein wenig zu sprechen. Das Thema war immer dasselbe: „Man muss etwas zusammen für die armen Länder tun“, sagte er mir. Er war ein anerkannter Unternehmer: Er machte sein Glück, indem er sich um die Gerechtigkeit wenig kümmerte und manchmal indem er Menschen, die ihm in den Geschäften Hindernis waren, geschlagen hatte. Im Laufe der Jahre wurde er aber von vielen Gewissenzweifeln überfallen, denen ein vager Wunsch folgte, etwas zu tun, um den Armen in der Dritten Welt zu helfen. „Wir könnte irgendwo ein Krankenhaus bauen, wie Marcello Candia für die Aussätzigen in Amazonien getan hat“ sagte er mir meistens. „Es wäre schön – bewertete ich – aber schau mal: Zu jenem Plan hat Herr Doktor Candia sein Unternehmen verkauft und komplett seine Lebensart verändert. Bist du bereit, dasselbe zu tun?“ „Das? Überhaupt nicht! – antwortete er – Ich könnte meinen privaten Gütern entnehmen, aber ich verkaufe mein Unternehmen nicht, denn ich muss es meinem Sohn hinterlassen. Ich kann auch nicht die Art, es zu leiten, veränder, denn die Geschäfte werden erledigt, wie ich sie erledige, oder sie werden nicht erledigt“. „Stimmt so. Dann setz fort, aber quäl dich nicht zu viel“: Das war das Ende aller unserer Unterhaltungen. Er wollte nicht sein Leben verändern, er wollte nur sein Gewissen schweigen lassen, um ein positives Bild von sich selbst zu haben.

Das Evangelium von heute stellt uns eine Person, Zachäus, vor, die vielleicht dieselben Gewissenprobleme als mein Freund hat, und, um sie zu lösen, wünscht er, Jesus zu treffen, obwohl er nicht genau weiß, wie jene Begegnung sie lösen könnte. Da er klein ist und die Menge ihn umgibt, steigt er auf einen Maulbeerfeigenbaum (einen Baum, die eine Sorte Feigen gibt), um ihn zu sehen. Sobald Jesus ihn dort hinauf geklettert sieht, sagt er ihm: „Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein“. Bist jetzt hat sich Zachäus wie ein Mensch verhalten, der Gewissenprobleme zu lösen hat, aber jetzt ahnt er, da er ein schlauer Mann ist, dass das die gute Gelegenheit ist, mit seiner Vergangenheit reinen Tisch zu machen und von neuem ein neues Leben zu beginnen. So spielt er sofort und witzig die Trümpfe aus, über die jeder Mensch verfügt, um christlich recht zu wirken: Die Gerechtigkeit und die Liebe. Man kann nicht ins Himmelreich hineintreten, indem er nur einer davon ausspielt; man muss beide ausspielen: „Herr, die Hälfte meines Vermögens will ich den Armen geben [Liebe], und wenn ich von jemand zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück [Gerechtigkeit]“. Vor diesem Mann, der den Mut hat, alles auszuspielen, verkündigt Jesus: „Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden“. Die Tür des Reichs wird mit zwei Umdrehungen geöffnet: Die Gerechtigkeit und die Liebe. Man tritt nicht darin nur mit einer ein.

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