DEFS116

XXIV Woche im Jahreskreis – Sonntag

Das neue Leben kommt aus dem Leiden

Dann begann er, sie darüber zu belehren, der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen. Und er redete ganz offen darüber. Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe. Jesus wandte sich um, sah seine Jünger an und wies Petrus mit den Worten zurecht: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen. Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten. Mk 8,31-35

„Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege“ (Jes 55, 8) sagt der Herr durch den Propheten Jesaja. Warum die Wege und die Gedanken des Herrn sind anders als unsere? Die Geschichte ist trotzdem voll von Leuten und Ideologien, die versucht haben, die Welt zu retten und den Menschen von seinen Arten Sklaverei zu befreien. In Palästina Jesu gab es die Pharisäer, die Zeloten, die Essener, während außer der jüdischen Zivilisation es die Zivilisationen der Griechen und der Römer gab. Viele Kaiser, Könige und Gesetzgeber haben dazu versucht. Auch die Aufklärer, die Kommunisten und die zahlreichen Befreiungsideologien, die im Laufe der Zeit einander gefolgt haben, haben versucht, die Welt von den Kräften des Bösen zu befreien, die sie zu Sklave machen. Wir müssen in Wirklichkeit anerkennen, dass sie zu einigen Ergebnissen geführt haben. Die Besonderheit Jesu Christi – des ersten, der die Welt wirklich gerettet hat – besteht darin, dass er hat dem Leiden, der Niederlage und dem Tod am Kreuz entgegengetreten hat, anstatt Erfolg und menschlichen Sieg zu bekommen.

Auch in der Kirche von heute gibt es viele Menschen guten Willen, die wie Petrus im Evangelium von heute nicht „was Gott will, sondern was die Menschen wollen“ im Sinn haben. Es ist nicht einfach, daran zu denken, was Gott will, denn es bedeutet, den gekreuzten Jesus Christus als Retter anzunehmen. Das neue Leben des Evangeliums entsteht nicht aus dem Sieg, sondern aus dem Leiden. In diesem Moment sind zwei unsere Tochter, Anna Rita und Lisalberta, im Krankenhaus, um im Leiden zwei neue Leben zu gebären. Da der Retter der Welt, der Christus, der Gekreuzte ist, entsteht das neue Leben auch aus allen, die in seinem Namen das Leiden und die Niederlage annehmen, um die Welt zu retten. Dieses Bewusstsein zu erreichen heißt, wie Paulus sagt, „den Geist Christi“ (1Cor 2, 16) zu besitzen und ins Himmelreich einzutreten. Denen, die die Dynamik des Weizenkorns annehmen, der im Untergrund sterben muss, um Frucht zu bringen, wendet sich die Prophezeiung von Jesaja und wird: „Meine Gedanken sind eure Gedanken und eure Wege sind meine Wege“.

Eine östliche Legende erzählt, dass einmal eine Puppe aus Salz war, die auf der Erde wanderte. Einen Tag kam sie ans Meer an und fragte sich, was jene Masse Wasser war. Um zu verstehen, was sie war, entschied sie sich, darin hineinzutreten, aber, als sie im Meer war, schmolz ihr das Wasser die Füße. „Es ist wahr, dass ich etwas verloren habe – sagte die Puppe aus Salz – aber jetzt weiß ich, was das Meer ist“. Die Legende endet aber: „Deswegen ist das Meer heute salzig“.

Um die Welt und die Lagen zu verändern, muss man sie vollkommen erleben und bereit sein, etwas zu verlieren.