II Woche im Jahreskreis – Mittwoch
Der Fluch des Gesetzes
Als er ein andermal in eine Synagoge ging, saß dort ein Mann, dessen Hand verdorrt war. Und sie gaben Acht, ob Jesus ihn am Sabbat heilen werde; sie suchten nämlich einen Grund zur Anklage gegen ihn. Da sagte er zu dem Mann mit der verdorrten Hand: Steh auf und stell dich in die Mitte! Und zu den anderen sagte er: Was ist am Sabbat erlaubt: Gutes zu tun oder Böses, ein Leben zu retten oder es zu vernichten? Sie aber schwiegen. Und er sah sie der Reihe nach an, voll Zorn und Trauer über ihr verstocktes Herz, und sagte zu dem Mann: Streck deine Hand aus! Er streckte sie aus und seine Hand war wieder gesund. Da gingen die Pharisäer hinaus und fassten zusammen mit den Anhängern des Herodes den Beschluss, Jesus umzubringen. Mk 3,1-6
Während seines öffentlichen Lebens hat Jesus sich fortlaufend als der Messias gezeigt, und das ließ bei den Jüngern und teilweise auch bei der zeitgenössischen Judenwelt die Überzeugung wachsen, dass er auf die Welt gekommen war, um die Menschheit aus der Sünde zu befreien, und dass er der Meister des Sabbats war. In der Passage des Evangeliums von gestern beschränkte er sich darauf, die Jünger einige Weizenähren pflücken zu lassen, während sie ein Feld am Sabbat durchquerten; heute, und zwar immer am Sabbat, tritt er entschieden in eine Synagoge hinein und heilt die verdorrte Hand dieses Mannes. Sein Verhalten erstaunt die ganze Umgebung der Synagoge: die Pharisäer, die bis jetzt sich darauf beschränkt haben, Kritiken anzubringen und ihn als Gotteslästerer zu betrachten, verbünden sich heute mit den Anhängern des Herodes, ihren Todfeinden, um ihn aus dem Weg zu räumen. Das ist eine politische Allianz, wie immer man in der Geschichte finden kann, und die Anhänger des Herodes nehmen sie an, um nur glaubwürdiger als die Pharisäer zu werden. Diese Allianz lässt uns an die Allianz denken, die Cavour mit den Französen schloss, wenn er sich entschied, in Krim zu kämpfen, einen Krieg, der nur seinen politischen Zwecken zielgerichtet war. Aber warum sind die Pharisäer so stark dem Gesetz und dem Respekt vor dem Sabbat treu? Vielleicht weil sie sich vormachen, Gott außer der Menschheit zu entfernen, indem sie den Respekt vor ihren Traditionen auferlegen: Sie akzeptieren nicht, dass er teil davon ist. Jesus antwortet an die Pharisäer nicht mit gesetzlichen Argumenten, aber er erklärt ihnen die rettende Bedeutung dieses Wunders und damit die Bedeutung seines ganzen messianischen Werks. In diesem Text erkennt man das ganze Wesen des Fluches des Gesetz, wenn es dem Guten des Menschen nicht ausgerichtet ist. Jene Pharisäer, denen wir heute ähnlich sein können, möchten jenen Mann seiner Krankheit lassen, indem sie an das Gesetz appellieren. Es ist die Hartherzigkeit, nicht die Gerechtigkeit – sagt Jesus heute, die verhindert uns, jenseits des Gesetz zu gehen, so dass wir einen Gottes Sohn, und nicht nur eine Rechtsperson, in jedem Menschen sehen können. Vielleicht, indem wir diese Seite des Evangeliums nachdenken, haben wir die Mission unseres Sohns Gianluca unter den illegalen Immigranten in Castelvolturno besser verstanden.